13. Zeiler Waldmarathon

13. Zeiler Waldmarathon

Der Zeiler Waldmarathon hat für mich mehrere besondere Bedeutungen:

  1. Ich starte nicht allein: Meine Frau ist mit dabei und wird 7,5km Nordic Walken.
  2. Es wird der erste technisch anspruchsvollere Halbmarathon den ich laufen werde, mich erwarten 420 Höhenmeter, Großteils auf Waldwegen, ein deutlicher Unterschieden zu den flachen Stadtläufen die ich bislang vorrangig gelaufen bin.
  3. Er ist damit in gewisser Weise ein Test und Auftakt für mein 2017’er Jahresziel: Dem Night52 Ultra und dem vorherigen Rennsteig Marathon. Beides Läufe mit, für mich, vielen Höhenmetern (Rennsteig ~ 700, Night 52 ~900).
  4. Es soll zunächst der letzte gewertete Halbmarathon werden, für das nächste Jahr stehen nur noch längere Läufe in meiner Planung.
  5. Zu guter Letzt wird er auch der letzte gewertete Lauf dieses Jahr für mich sein.

Genug Gründe also sich auf diesen Lauf zu freuen.

Leider findet dieses Lauf nur wenige Tage nach meinem Sprintrennen in Geslau statt. Zum einen muss ich zugeben das mir diese drei kurzen aber sehr anstrengenden Läufe stärker zugesetzt haben als ich das im Vorfeld vermutet hätte, zum anderen habe ich mir auch eine leichte Erkältung eingefangen. Ich bin mir daher bis zum Tag des Laufes nicht sicher ob ich teilnehmen kann oder nicht.

Am Samstag fühle ich mich zwar noch etwas schwächlich, aber ansonsten wieder gesund. Ich beschließe daher zu starten, mein Ziel setze ich jedoch sehr defensiv: Durchlaufen, nicht mehr und nicht weniger. Ich hoffe unter zwei Stunden zu bleiben, habe aber nicht vor das Tempo zu kontrollieren.

Zeil am Main ist nicht weit von uns entfernt, gerade einmal eine Stunde von hier. Fast 1,5 Stunden vor dem Start sind wir bereits vor Ort. Der Startbereich liegt einige KM von der Startnummernausgabe entfernt, Shuttlebusse bringen die Läufer von dort in den Startbereich, da wir nicht wissen ob wir auf einen Bus warten müssen planen wir daher etwas mehr Zeit ein. Als wir ankommen herrscht bereits Chaos vor der Halle, der kleine Parkplatz ist bereits übervoll und dennoch biegen erst einmal alle in die Straße ein, so auch wir. Hat man erst einmal realisiert das hier kein Abstellen mehr möglich ist, ist der Weg zurück durch die enge zugeparkte Straße eine echte Herausforderung, besonders weil bereits die nächsten Glücksritter versuchen ihr Vehikel abzustellen. Ein Streckenposten der hier die Neuankömmlinge umleitet hätte gut getan. Endlich angekommen, holen wir die Startunterlagen im Rudolf-Winkler-Haus (Stadthalle) ab, hier wird lecker Kuchen, Kaffee und allerlei andere Getränke angeboten. Da es auch heute wieder recht kühl ist freue ich mich schon jetzt auf meinen Finisher-Kaffee mit Kuchen, den ich mir selbst als Belohnung verspreche. Nach kurzem Umziehen begeben wir uns zum Shuttle, es sind scheinbar zwei Kleinbusse im Einsatz, da die Fahrzeit nur wenige Minuten beträgt gibt es kein Gedränge.

Von der Stelle an der uns der Bus absetzt heißt es noch einmal fünf Minuten bis zum Startbereich gehen, kaum haben wir uns auf den Weg gemacht hören wir in einige Entfernung Tumult, wahrscheinlich haben sich gerade die Marathon Läufer, die die gleiche Runde wie wir zweimal laufen werden, auf den Weg gemacht. Die Walker zu denen auch meine Frau gehört sind als nächstes dran, ich habe dann noch eine halbe Stunde bis ich auf die Strecke kann. Im Startbereich tummeln sich ein paar Zelte: Gepäckaufbewahrung, erste Hilfe, Zeitnahe sowie ein paar Dixies. Leider ist das Gepäckzelt schon ziemlich überfüllt, so dass es schwer ist noch einen trockenen Platz für unsere Tasche zu finden.

Die letzten Minuten bis zum Start meiner Frau verbringen wir zwischen buntem Läufervolk, betreiben Small-Talk und machen Fotos für andere Laufgruppen. Die Stimmung ist angenehm familiär freundlich. Langsam sammeln sich die Starter hinter der Ziellinie, das Banner scheint falsch herum aufgehangen worden zu sein, zumindest ist der Schriftzug gegen die Startrichtung, aber was soll’s. Trotz aufgebauter Lautsprecheranlage höre ich keinerlei Ansagen, ob die Technik hier streikt oder ob es andere Gründe dafür gibt ist mir nicht klar. Gestartet wird dann mit einer Startklappe wie ich sie zuletzt im Schulsport gesehen habe, auf eine feierliche Rede, Einheizen oder sonstigen Schnickschnack wurde verzichtet. Ich winke meiner Frau hinterher und versuch ein paar Fotos vom Start zu machen, dann bin ich allein und bereite mich auf meinen Start vor. In erster Linie besteht das aus hin und her laufen und dem Versuchen irgendwie die Kälte aus den Gliedern zu vertreiben. Irgendwann ist es auch für uns soweit, wir beziehen Startaufstellung, ich positioniere mich im Mittelfeld und warte auf ein Startsignal. Das Signal bleibt aus, sicher wurde vorne wieder die Klappe geschlagen, aber mitbekommen habe ich davon nichts, ohne Vorwarnung beginnt die Masse vorzurücken kommt sofort wieder ins Stocken um dann mit Schritttempo sich langsam in Bewegung zu setzen.

Anhand der Streckenbeschreibung weiß ich das der erste lange Anstieg (etwa 3 km) direkt nach dem Start beginnt, ich habe großen Respekt vor diesem ersten Anstieg, zum einen weil ich noch völlig kalt in diesen Berg hineinlaufen werde, zum anderen da ich gerade heute, wo ich ohnehin nicht ganz auf der Höhe bin, nicht schon früh zu viele Kräfte verbrauchen will.

Kaum aus dem Startbereich hinauf beginnt der Anstieg, allerdings deutlich zahmer als ich mir das vorgestellt hatte, viel mehr Mühe bereitet es mir meinen Weg durch die Läufer zu bahnen. Viele Starter sind in kleinen Gruppen unterwegs, laufen zusammen und unterhalten sich dabei. Dagegen ist prinzipiell natürlich nichts einzuwenden, allerdings nervt es etwas hinter einer Gruppe festzusitzen und wie auf der Autobahn auf die Lücke zu warten die man zur Überholung nutzen kann. Wirklich stören tun mich nur ein paar Einzelkandidaten die mit dicken, alles abschirmenden Bügelkopfhörern und ohne sich umzusehen die „Spur“ wechseln, mehrere Male nötigt mich das meinerseits zur Vollbremsung. Ich selbst höre auch Musik, aber immer auf einer sehr leisen Stufe und mit einfachen Sportkopfhörern die alle Umgebungsgeräusche durch lassen, in der Tat wird meine Musik zur Zeit vollständig vom Getrappel und Geprappel der Menge übertönt. Das Gute ist, auf diese Weise abgelenkt bekomme ich nicht viel vom Berg mit. Es sind bereits zwei Kilometer verstrichen bis sich das Feld soweit in die Länge gezogen hat das freies Laufen möglich ist, damit habe ich den gefürchteten Anstieg schon fast überstanden ohne das ich mich sonderlich anstrengen musste. Jetzt habe ich auch endlich Zeit die Umgebung zu würdigen, man könnte meinen ich stehe im Wald: Bäume, Unterholz, Gestrüpp zu beiden Seiten, auf der linken ansteigend, auf der linken abfallend und in einer Mulde verschwindend. Wenige Minuten später nimmt die Steigung noch einmal spürbar zu, allerdings ist das Ende dann auch schon in Sicht, wir verlassen den Wald und laufen ein Stück durchs freies Gelände. Am Waldrand an einer Bank steht eine kleine Gruppe von Zuschauer um ein Lagerfeuer versammelt. Auf der Lichtung geht es nun leicht bergab und in eine 90 Grad Rechtskurve, hier nun wieder leicht bergan. Auf dem Stück packe ich zum ersten Mal meine Kamera heraus und versuche aus dem Laufen heraus ein paar Bilder zu machen. Ein Mitläufer fragt mich noch ob die Bilder was werden, ich antworte „manche“ und damit ist die gesamte Unterhaltung auf der Strecke auch schon berichtet, ich zähle mich generell nicht zu den geschwätzigsten, aber beim Laufen komme ich noch besser alleine mit meinen Gedanken zurecht. Der Weg führt nun am Waldrand entlang, und wird rustikaler, schlammige Löcher, ein paar Wurzeln denen es auszuweichen gilt, nach ein paar hundert Metern ist der Spuk schon wieder vorbei, wir biegen in den Wald ein und sind wieder auf einem geschotterten Waldweg der einfaches Laufen verspricht. Der Weg führt bergab und steuert auf den ersten Versorgungspunkt zu. Direkt vor dem Versorgungspunkt ist ein Hinweisschild aufgestellt, die Walker müssen hier nach rechts, wir Läufer weiter geradeaus. Ich denke besonders an dieser Stelle an meiner Frau, wie ist ihr der Berg bekommen? Wie lange wird sie im Ziel bei der Kälte auf mich warten müssen? Die Versorgungsstände sind bestens ausgestattet: Wasser, Iso, Cola und warmen Tee, auch hier schon Riegel und anderes essbares welches ich aber keines Blickes würdige. Den Tee nehme ich hingegen dankend an, zwar ist die Blörre sehr stark gezuckert, aber alles was wärmt ist zu dieser Zeit willkommen.

Wir folgen weiter den Waldweg und erreichen die erste von zwei Straßenüberquerungen, mehrere Streckenposten regeln den Verkehr für uns ab, direkt danach geht es wieder in den Wald hinein. Die folgenden Kilometer bleiben mir nicht im Gedächtnis, zu beiden Seiten der Wald, es geht beständig weiter leicht bergab. Gut in Erinnerung ist mir hingegen der nächste Anstieg, nach einer scharfen Rechtskurve liegt der Hügel vor mir, nicht sehr lang dafür umso steiler. Schlagartig fühle ich mich an das vorangegangene Wochenende erinnert, den Hohlweg von Oberndorf. Der Anstieg ist ähnlich steil, jedoch mindestens doppelt so lang und heute fehlt eindeutig Snow als Zug Hilfe. Viele Läufer vor mir sind bereits ins Gehen gewechselt, da ich mein einziges Ziel heute – durchlaufen – nicht gefährden möchte, nehme ich sofort Geschwindigkeit heraus und laufe den Berg in Tippelschritten an. Am vermeidlichen Ende angekommen knickt der Weg nach rechts ein und sofort grüßt der nächste Berg. Dieses mal jedoch deutlich kürzer, dann werden wir nach links geleitet und folgen nun wieder einen langen Abstieg. Wenn ich die Streckenbeschreibung richtig in Erinnerung habe sollten hier irgendwo mehrere kleine Seen (oder wahrscheinlich eher Tümpel) zu sehen sein, zu Gesicht bekomme ich davon jedoch lediglich einen, der am nächsten Versorgungspunkt wartet – auch hier wieder warmer Tee, trotz Berg ist mir nach wie vor kalt. Nach dem Versorgungspunkt geht es wieder bergan, dieses mal zahm aber lang, in einer langgezogenen Rechtskurve. Inzwischen sind etwas mehr als zehn Kilometer geschafft, ebenso zwei von vier Anstiegen.

Nach einiger Zeit tut sich eine Lichtung vor uns auf, wir laufen am linken Rand der Lichtung entlang, auf der rechten Seite steigt der Wald deutlich an, plötzlich kann ich zwischen den Bäumen ein grelles Laufshirt ausmachen, offensichtlich geht es in kürze genau dort rauf. Ganz langsam beginnt der Weg anzusteigen, der erste Teil des Anstiegs ist erstaunlich flach, von hier aus kann ich auf die Läufer unter mir blicken, genau dort wo vor wenigen Minuten ich noch selber unterwegs war. Der Anstieg wird steiler und langsam aber sicher macht sich meine Schwäche bemerkbar, mein Ziel des Durchlaufens sehe ich aber noch lange nicht in Gefahr. Der Hügel ist überwunden und die Belohnung ist ein langer Abstieg. Wir verlassen dabei den Wald und blicken in ein tiefes Tal, unser Weg führt uns den Hügel hinab, an ein paar Häusern vorbei zum nächsten Versorgungspunkt der am tiefsten Punkt des Tals liegt. Ich mache bei dieser Stelle ein Foto von einem der vielen Motivationstafeln die immer wieder am Wegesrand auftauchen „Ein Frankenwein will erlaufen sein“ weitere Varianten wären „Ich bin der Berg! Pack mich!“ oder „Wenn es rauf geht, geht es auch wieder runter“. Wahre Worte, zur Zeit geht es erst einmal runter, eine kleine Gruppe Zuschauer hat sich entlang des Weges versammelt, im Vorbeilaufen klatsche ich ein paar Kinder ab. Kurz vor dem Versorgungspunkt gönne ich mir ein Gel um den bereits eingesetzten Kräfteverfall noch etwas entgegenzusetzen. Auf den warmen, aber sehr süßen Tee, verzichte ich dieses mal und greife beim Wasser zu. An diesem Punkt sind 14km geschafft. Zögerlich geht es nun wieder bergauf, immer am Waldrand entlang bis uns schließlich der Wald wieder empfängt. Beim Anlauf auf den Wald kann ich bereits einen steilen Hügel erkennen und stöhne innerlich, der letzte abfallende Kilometer hat so gut getan… zu meiner großen Überraschung bleibt uns dieser Anstieg aber erspart, der Weg lässt den Hügel links liegen und gönnt mir noch ein paar hundert flache Meter. Dann geht es aber wieder bergauf. Dieses Mal lang und beharrlich, die Steigung wechselt immer wieder zwischen angenehm und fordernd. Insgeheim habe ich bereits angefangen die KM zu zählen, laut dem veröffentlichen Streckenprofil sollte es ab Kilometer 18 keine nennenswerten Steigungen mehr geben, also keine drei Kilometer mehr von hier. Genau diese Haltung erlaubt es mir, trotz schwindenden Kräften, mein Tempo zu halten. Wir erreichen gerade die Straße als ich von irgendwo weiter vorne lautes Gekreische höre. Im ersten Moment erschrecke ich mich. Ein Unfall? Wildschweine zwischen den Läufern? Nein – dafür klingt es zu fröhlich. Da Rätsel klärt sich etwa eine Minute später als ich von der Straße wieder in den Wald einbiege, am Streckenrand stehen fünf Jugendliche die jede kleine Läufergruppe mit einer Laola-Welle und lauten Geschrei anfeuern. Krach machen die Fünf dabei locker für fünfzig. Ich muss grinsen und spende vorbeiziehend Applaus in Richtung der Zuschauer, ich höre sie noch ein paar mal bis mich schließlich der Wald ganz und gar zurück hat. Der Weg kommt mir vage bekannt vor, ich glaube mich wieder auf dem Abschnitt zwischen dem ersten Versorgungspunkt und der Straße zu befinden, vermutlich werden wir von hier den Weg nehmen, den auch die Walker zurück genommen haben. Tatsächlich erreichen wir wenig später den letzten (und auch ersten?) Versorgungspunkt und biegen hier links ab. Es geht noch einmal ein Stück abwärts, dann noch einmal Steil bergauf und dann sehe ich das KM-Schild, KM 18, geschafft! Ich bin erleichtert, die letzten KM noch auslaufen und dann ist das Rennen geschafft. Mir tut zwar nichts weh, aber ich merke inzwischen deutlich die Schwäche im ganzen Körper. Tatsächlich geht es nun anständig bergab, durch einige Kurven hindurch und dann stehen wir vor dem nächsten Anstieg. Wie jetzt? Davon stand nichts in der Streckenbeschreibung! Hilft aber nicht’s! Also wieder rauf, das erste Stück sogar recht steil, dann wieder flacher. Nach einem Kilometer flacht der Weg ab und geht schließlich in eine langgezogene Abfahrt über. Dies muss jetzt aber wirklich der letzte Hügel gewesen sein, ich mobilisiere nochmal ein paar Reserven und beschleunige noch einmal. Nach einer scharfen Rechtskurve wird der Weg durch Flatterband in zwei Bereiche geteilt: Rechts geht es zum Ziel, links auf die zweite Runde für die Marathon Läufer. Ich bin froh heute rechts einbiegen zu dürfen. Nach einer S-Kurve liegt das Ziel vor mir. Geschafft!

Im Ziel entdecke ich meine Frau, auch sie hat ihre 7,5km gut überstanden. Zeiten wurden bei den Walkern nicht gemessen und auch keine Wertungen vergeben. Nachdem wir uns begrüßt haben versorge ich mich am Zielbuffet: Brezel, Cracker, Kuchen, Cola, Alkoholfreies Bier, Wasser. Wir werden wirklich fürstlich versorgt. Dann schnell was überziehen und nach kurzer Wartezeit mit dem Shuttle zurück zur Stadthaus. Hier wartet noch mein mir selbst versprochener Kuchen auf mich. Ebenso bekommt jeder Läufer noch eine Flasche Marathon Wein.

Ergebnis: 1:52:00, Platz 165 / 345, 22 / 32 in M30

Fazit

Obwohl leicht angeschlagen verlief der Lauf heute ohne größere Probleme, damit gibt es grünes Licht für meine Ziele im nächsten Jahr: Rennsteig und später der Night52, jetzt heißt es Training, Training, Training. Die Strecke bietet Natur pur mit einigen, teilweise knackigen, Anstiegen.

Bei der Organisation muss man etwas differenzieren: Anfahrt/Parken hätte man besser lösen können, ebenso den Start, das sind aber keine gravierenden Probleme, nur das fehlende Tüpfelchen auf dem I. Die Versorgung auf der Strecke und im Ziel war perfekt, ebenso auch der Bus-Transfer und die Unterbringung vor- und nach dem Lauf. Besonders hervorheben muss man das Preis/Leistungsverhältnis: 15 € für einen Halbmarathon, inkl. reichhaltiger Verpflegung, Finisher Medallie, Marathon-Wein und der Möglichkeit das angrenzende Schwimmbad zu nutzen – Top!